Wir sprachen mit Vice President and General Manager of International bei Yardi, Neal Gemassmer, über die Entwicklung der Immobilienbranche im Jahr 2023 und seine Gedanken für das kommende Jahr.
Die Evolution traditioneller Büroflächen
2023 war gleich aus mehreren Gründen ein spannendes und von Wandel geprägtes Jahr. Trotz aller Turbulenzen auf dem Markt hat sich die Art und Weise, wie und wo Mitarbeitende arbeiten, stetig verändert. Und auch wie oft sie von wo aus arbeiten. Sei es nun zurück im Büro, im Homeoffice oder an flexiblen Arbeitsplätzen.
Als Technologieanbieter stellt sich uns die Frage: Was macht eine effektive Produktstrategie für Büroumgebungen aus? Und wie soll das Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern im Bürosegment aussehen? Das Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern ist traditionell recht einseitig. In der Regel wird ein Mietvertrag für mindestens 5 bis 10 Jahre geschlossen. Am Ende der Laufzeit kommt der Vermieter auf die Verlängerung und den angepassten Marktpreis zu sprechen und darauf, ob der Mieter den neuen Vertrag unterschreiben möchte. Es besteht keine Beziehung zwischen den beiden Parteien – es handelt sich lediglich um eine Geschäftstransaktion.
Wir beobachten, dass sich diese Dynamik aufgrund hybrider Arbeitsmodelle und flexibler Verträge stetig wandelt. Der Vermieter hat die Pflicht, ja sogar einen Anreiz zu verstehen, wie das Unternehmen den Raum nutzt. Arbeiten die Mitarbeitenden Vollzeit im Büro oder arbeiten sie flexibel? Gibt es eine Richtlinie für die Arbeit im Büro? Und wenn ja, gibt es eine Möglichkeit nachzuvollziehen, wie viele Mitarbeitende im Büro sind? Unternehmen in London haben Richtlinien implementiert, wonach die Mitarbeitenden an drei Tagen in der Woche ins Büro kommen müssen. Doch die meisten dieser Unternehmen haben keine Möglichkeit zu messen, ob die neue Richtlinie ihren Zweck erfüllt.
Mit der Zunahme flexibler Arbeitsmöglichkeiten muss sich die Beziehung zwischen Mieter und Vermieter im Bürosegment verbessern. Wenn der Mieter nicht weiß, wie er den Raum nutzen wird, kann er dem Vermieter darüber keine Auskunft geben. Für eine stärker auf Zusammenarbeit ausgerichtete Beziehung müssen beide Seiten an einem Strang ziehen. Andernfalls kann es passieren, dass der Mieter auszieht, weil er nicht genau weiß, wie viel Platz er benötigt, oder dass er den Vertrag für einen kürzeren Zeitraum und zu anderen wirtschaftlichen Bedingungen verlängert. Die stetige Weiterentwicklung traditioneller Büroflächen war aus meiner Sicht ein Schwerpunkt im Jahr 2023 und bleibt auch 2024 ein Fokusthema.
Entwicklung des Wohnimmobilienmarktes
Ähnliche Veränderungen lassen sich auch in den Bereichen Mietimmobilien und studentisches Wohnen in Großbritannien feststellen. Wir beobachten zunehmend, dass Kunden zwei Dinge umsetzen wollen:
- Eine paneuropäische Plattform, um ihr Angebot in mehreren Ländern anbieten zu können.
- Eine sektorübergreifende Strategie.
2023 war zu sehen, dass Anbieter im Bereich studentisches Wohnen in den Markt für Mietimmobilien vordringen und umgekehrt. Angesichts dieses Wandels müssen sich auch ihre Technologieplattformen weiterentwickeln. Im Durchschnitt nutzt ein typischer Anbieter von Mietimmobilien oder studentischen Wohnobjekten 10 bis 20 verschiedene Systeme zur Verwaltung seines Geschäfts. Die Wartung und der Betrieb dieser Systeme können kostspielig sein. Zudem kann es schwierig sein, die Daten zu analysieren oder ihnen gar zu vertrauen. Wir sahen auch eine anhaltende Nachfrage nach besseren, digital vernetzten Plattformen. Systeme, die es den Anbietern ermöglichen, sich auf Marketing, Kundenakquise und Kundenbindung zu konzentrieren. Und ihnen helfen, einen noch besseren Service zu bieten, um den Lebenszyklus ihrer Kunden zu verlängern.
Aufbau lebenslanger Kundenbeziehungen
Der Wohnimmobilienmarkt entwickelt sich und bietet Lebensraum für Studierende bis hin zu Senioren. Es geht darum, Studierende als Kunden zu binden und ihnen auch künftig passend zu ihrer Lebenssituation ein geeignetes Produkt anzubieten. Ob für den Absolventen oder jungen Berufseinsteiger, der mehr Platz benötigt. Über Wohnen in Vorstädten bis hin zu Wohnen im Alter. Das ist eine interessante Entwicklung, die nicht nur traditionelle Proptechs und das Erlebnis von Mietern, Kunden und Vermietern in den Mittelpunkt rückt, sondern auch die Geschäftsbeziehung in ein B2C-Umfeld verlagert. Auch wir als Proptech-Unternehmen spielen dabei eine Rolle, und es ist faszinierend, diese Entwicklung zu sehen. Ich denke, dass das sich verändernde Umfeld auch 2024 und in absehbarer Zukunft ein wichtiger Faktor für Innovationen, Wachstum und Nachfrage sein wird.
Fintech
Eine weitere Entwicklung im Jahr 2023 war das Wachstum des Fintech-Marktes. Fintechs konzentrieren sich auf den Zahlungsverkehr und darauf, mehr Möglichkeiten für Onlinezahlungen zu schaffen, die sowohl für Kunden als auch für Vermieter einfacher, günstiger, schneller und effektiver sind. In diesem Bereich hat sich einiges getan. Dabei geht es nicht nur um die traditionellen Kredit- und Debitkartenfunktionen oder direkte Banküberweisungen. Es geht auch um alternative Zahlungsmethoden, die basierend auf demografischen Daten auf einer Plattform integriert werden müssen. Zum Beispiel elektronische Geldbörsen wie Apple Pay und Google Pay. Diese modernen Zahlungsarten ermöglichen sofortige Gutschriften und Abbuchungen, die dazu beitragen, die Transaktionskosten insgesamt zu senken.
ESG
ESG ist nach wie vor ein beherrschendes Thema in der Immobilienbranche, doch eine Frage bleibt: Was bedeutet ESG und auf welcher Grundlage sollen Kennzahlen definiert werden, die das Erreichte aufzeigen? Unser Fokus liegt mehr auf dem Umweltaspekt. Wir wollen nachvollziehen, wie viel Energie ein Gebäude verbraucht, ob es sich nun um Strom oder sonstige Versorgungsleistungen handelt. Ausgehend davon wollen wir verlässliche Methoden finden, diese Daten zu erfassen, zu messen und als Grundlage für die Entwicklung von Strategien zur Senkung des Energieverbrauchs zu nutzen.
Wir möchten es unseren Kunden leichter machen, den Verbrauch zu verstehen und über präzise Daten zu verfügen. Wir wollen sie in die Lage versetzen, langfristige Strategien für einen klimaneutralen Gebäudebetrieb zu entwickeln. Und wir wollen unsere Kunden und ihre Investoren bei der Berichterstattung gegenüber Drittorganisationen wie GRESB oder ENERGY STAR unterstützen. Dieses Ziel werden wir 2024 weiterverfolgen.
Künstliche Intelligenz
Auf der YASC haben wir Voyager 8 und Yardi Virtuoso angekündigt, die Plattform von Yardi für künstliche Intelligenz. Wir sind begeistert von KI und haben viel investiert und experimentiert, um herauszufinden, wie wir KI und maschinelles Lernen effektiv nutzen können. Ein Beispiel dafür ist Chat IQ von Yardi. Mit unseren 40 Jahren Erfahrung ist Yardi in einer starken Position, um nach Wegen zu suchen, wie KI zum Nutzen unserer Kunden eingesetzt werden kann. Ganz gleich, ob es dabei um ein besseres Kundenerlebnis, operative Fähigkeiten oder die Gewinnung von Interessenten und deren Konvertierung zu Mietern geht. Unsere Technologie hilft unseren Kunden auch in Zukunft, intern effektiver zu arbeiten, Kosten zu senken und die Effizienz ihrer Objekte zu steigern.
Top-Themen für 2024
Zum Abschluss des Gesprächs baten wir Neal Gemassmer, uns seine drei wichtigsten Tipps oder Themen für 2024 zu nennen.
1. Unsicherheit auf dem Markt
2024 wird der Immobilienmarkt weiterhin von Unsicherheit aufgrund hoher Inflation und hohen Zinsen geprägt sein. Außerdem verändert sich das Verhalten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es wird einige Zeit dauern, bis die Entwicklung so weit vorangeschritten ist, dass wir ein besseres Verständnis dafür haben, welche Risiken und Unsicherheiten sich in der Zukunft daraus ergeben.
2. Schaffung einer Messgrundlage für eine erfolgreiche Messung von Innovation
Zweitens: In der Branche gibt es derzeit viele Innovationen. Investitionen in Innovationen werden vor allem von den Mitarbeitenden und den Unternehmen vorangetrieben, die sich anpassen und Innovationen nutzen müssen, um positive Ergebnisse zu erzielen. Dazu gehört auch ein Messsystem, das zeigt, wo man heute steht, damit man die Ergebnisse und den ROI effektiv messen kann. Alles, was mit Innovationen und Investitionen zu tun hat, muss gemessen werden, damit klar zu erkennen ist, wo Verbesserungen erzielt werden konnten. Ohne eine Messgrundlage herrscht keine Klarheit darüber, welcher Mehrwert besteht und ob etwas erfolgreich war oder nicht.
3. Kapitalfluss
Der dritte Faktor für 2024 ist der internationale Kapitalfluss. Die Kehrseite der Medaille in unsicheren Zeiten ist, dass es immer Möglichkeiten für Investitionen gibt. Unternehmen mit viel Kapital, das noch nicht genutzt wurde, werden mehr Möglichkeiten haben. Auch das wird die Branche aus unserer Sicht in den nächsten zwei Jahren prägen.
Erfahren Sie, wie die einheitliche Cloud-Plattform von Yardi Ihnen helfen kann, Ihre Ziele im Jahr 2024 zu erreichen.